Nadine Drexler

15. März 2023

Hilfe! Er hat (plötzlich) eine andere!

Aktualisiert: 16. März 2023

... was das für eure Zukunft bedeutet und wie du darauf reagieren solltest

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Ihr hattet eine ganz besondere Verbindung - ja fast schon magisch - wie mit ihm, hast du dich noch nie vorher gefühlt, und du dachtest, ihm ginge es genauso. Mit ihm war alles anders. Doch dann wurde es irgendwie komisch und verzwickt, eure Dynamik war unausgeglichen und du hast dich immer unsicherer in deinem Verhalten ihm gegenüber gefühlt. Vielleicht hast du geklammert oder den Kontakt beendet, weil du dir nicht anders zu helfen wusstest. Wie auch immer - du hattest die leise Hoffnung, dass ihr wieder zueinander finden werdet. Und dann das! Er hat eine andere! Wie kann das sein? Warum, wieso, weshalb? Er muss das doch auch gefühlt haben! Eine Welt bricht zusammen. Doch was bedeutet das jetzt für euch? Und für dich? Das klären wir heute.

Ein paar Dinge vorweg

Ich möchte dir vorweg gerne ein paar wichtige Sachen sagen:

  1. Männer verlieben sich anders als wir Frauen

  2. eine besondere Connection zu haben, reicht nicht

  3. wir steigern uns gerne in etwas rein, was in uns besondere Gefühle auslöst - ist ja klar, wir wollen darauf nicht verzichten - und für unseren Reifeprozess ist das tatsächlich gut, denn...

  4. ... was, wenn diese Verbindung dafür da ist, um Loslassen zu lernen?

Wie willst du Loslassen lernen, wenn dich etwas nicht ganz besonders catcht? Es muss dir schon schwerfallen, loszulassen, um genau das erlernen zu können. Auf vier Rädern kannst du kein Fahrradfahren lernen und Balance finden - so ist das auch mit allen Themen, die wir im zwischenmenschlichen Kontakt erlernen. Loslassen ist die Aufgabe eines jeden Menschen - egal ob Eltern, Partner oder Freundschaften. Jeder Mensch muss sich diese Fähigkeit selbst erarbeiten, um zu innerer Reife zu gelangen - und du kannst das auch. Aber was bedeutet das jetzt in Bezug auf ihn?

Was das für deine Liebe zu ihm bedeutet

Für den Fall, dass du ihn als Mensch wirklich gerne hast, dieses besondere Band zwischen euch spürst, möchte ich dir sagen, dass du dieses NICHT durchschneiden musst. Du musst das Positive, das du in Bezug auf ihn spürst, nicht schlechtreden, nicht leugnen, nicht verfluchen. Es ist wunderbar, dass du so etwas Schönes spüren kannst - und es sind doch DEINE Gefühle, wieso solltest du sie dir selbst nehmen? Deine Gefühle sind nicht das Problem, sondern deine Erwartungen, was es bedeutet, so etwas zu fühlen. Vielleicht sogar die Erwartungen von anderen oder der Gesellschaft, was Liebe bedeutet. Dazu habe ich bereits diesen ausführlichen Text geschrieben, weswegen ich das an dieser Stelle nicht weiter ausführe. Nur so viel:

Wahre Liebe bringt die Bereitschaft mit, loslassen zu können

Nur so kannst du dem anderen in tiefer und wahrer Freundschaft begegnen und ihm Glück und Freude wünschen, auch dann, wenn es einen "Nachteil" (weniger Aufmerksamkeit) für dich selbst bedeutet.

Bedeutet das etwa, dass ich so tun soll, als wäre ich seine beste Freundin, während mir das weh tut?

Wo kämen wir denn da hin? Bitte nicht, der Preis wäre zu hoch. Außerdem sollst du dein königliches Dasein nicht einfach über Bord werfen, weil irgendwer sagt, dass du irgendwas "tun sollst" (auch, wenn dieser Jemand ich wäre). Mal abgesehen davon, was das mit deinem Selbstwertgefühl machen würde. Solange du verletzt bist, solltest du dich DIR zuwenden, nicht ihm. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, eine freundschaftliche Verbindung aktiv zu pflegen, sonst übergehst du dich und deine Bedürfnisse dabei. Du brauchst DICH gerade. Du sollst nicht so "tun als ob", sondern ihm (innerlich) wünschen, dass er glücklich ist, während du selbst dafür sorgst, dass DU (bald wieder) glücklich bist (dazu weiter unten mehr). Kurze Erinnerung: Dein Glück liegt NICHT in seinen Händen.

Diese Thematik anhand eines konkreten Beispiels

Nehmen wir das in der Einleitung angedeutete Beispiel mal genauer unter die Lupe: Ihr habt euch gedatet und hattet eine wahnsinnig tolle Zeit. Ihr habt viel miteinander unternommen und du hast gespürt: Er ist es. Auch er hat dir öfter zu verstehen gegeben, dass er dich sehr mag, sich vielleicht sogar mehr vorstellen kann. Doch auf einmal verändert sich die Dynamik zwischen euch und er wendet sich ab. Du hast (anschließend, oder schon davor) vielleicht geklammert oder ihn von dir weggestoßen, anstatt den Mittelweg zu wählen (den du aus unzähligen anderen Texten von mir kennst). Irgendwie war der Wurm drin und eure Verbindung war wie blockiert. Im Laufe der Zeit, lass es ein Jahr sein, habt ihr keinen richtigen Kontakt mehr gehabt, vielleicht, weil du schmerzerfüllt warst, wenn Kontakt war und du deswegen abgeblockt hast oder weil du immer wieder in den impulsartigen Klammermodus geraten bist, sobald nur ein Funken Kontakt da war - egal wie, jetzt nach diesem einen Jahr hat er eine neue Freundin. Vermutlich ist das der Punkt, an dem das eine oder andere Herz nun einen Stich versetzt bekommt - sorry dafür, aber das muss sein, denn es ist wichtig für deinen Reifeprozess. Nehmen wir diesen Fall an dieser Stelle mal genauer unter die Lupe und schauen uns an, wie du darauf reagieren kannst: a) unreif oder b) reif.

a) unreif: Ich habe all die Zeit um uns gekämpft und wirklich geglaubt, dass aus uns noch was werden kann und jetzt das. Ich dachte, das wäre die wahre Liebe und während ich ihn liebte, hat er sich einfach eine andere gesucht. Immer werde ich verarscht, ich liebe einfach zu sehr und alle spielen nur mit mir.

b) reif: Wow, komisch ihn mit einer anderen Frau zu sehen, das tut weh, gerne hätte ich mein Leben mit ihm geteilt. Aber irgendwie auch schön für die beiden. Er ist ein toller Mann und wenn die beiden glücklich sind, dann ist das schön für sie. Ich darf darauf vertrauen, dass auch ich tolle Menschen in meinem Leben haben werde, mit denen ich eine wunderschöne Zeit verbringen werde. Auch ich werde glücklich sein. Alles zu seiner Zeit.

Liebst du ihn wirklich oder liebst du nur die Vorstellung davon, wie profitabel eine Beziehung mit ihm wäre?

Sei hier ehrlich zu dir: Möchtest du wirklich, dass es ihm gut geht oder möchtest du nur, dass es dir gut geht, ohne Rücksicht auf Verluste? Hier ist es jetzt unheimlich wichtig, die Dinge nicht misszuverstehen, denn es bedeutet nicht, dich hintenan zu stellen. NATÜRLICH willst du glücklich sein und natürlich stehst du für dich immer an erster Stelle. Doch er steht für sich selbst auch an erster Stelle, wenn er emotional reif und selbstsicher ist. Dieser Punkt ist einer der wichtigsten Augenöffner auf dem Weg zu emotionaler Reife:

Erkenne, dass jeder selbst die Hauptrolle in seinem eigenen Leben innehat und nicht du

Er entscheidet, was es für ihn bedeutet, glücklich zu sein - und wenn das in diesem Moment die andere Frau ist, dann erlaube der Situation, so sein zu dürfen. Und erlaube dir, das zu akzeptieren und zu verstehen, dass du den anderen trotzdem (auf menschlicher und nicht romantischer Ebene) lieben kannst. Nicht nur trotzdem, sondern genau dann zeigt sich, ob du ihm wirklich menschlich wohlgesonnen bist und mit Reife gegenübertrittst. Denn vergiss nicht: Die Basis für jede tiefverwurzelte Partnerschaft ist Freundschaft. Und Freundschaft beruht auf Wohlwollen und Respekt.

Und noch etwas anderes ist jetzt unheimlich wichtig: Wie gehst du mit dir selbst in so einer Situation um? Lässt du negative Gefühle zu, wenn sie dich besuchen und kümmerst dich um sie? Rede sie nicht klein oder gar weg. Du musst nicht nur ihm wohlwollend gegenübertreten, sondern auch dir selbst. Du musst also (vor dir selbst!) nicht so tun, als seist du nicht verletzt. Natürlich bist du das und das ist menschlich! Doch du musst ihm das nicht sagen oder zum Vorwurf machen, sondern die Verantwortung für deine Gefühle übernehmen - und dafür brauchst du Zeit und Raum OHNE IHN. Denn ja, natürlich tut loslassen weh - und du lässt hier etwas sehr Liebgewonnenes los: Deine Vorstellung von dem, wie es hätte sein sollen (ich habe diese Thematik im letzten Text unter der Überschrift "Die Trauer um das, was niemals war" behandelt). Vielleicht hast du dich sogar an diese Vorstellung geklammert - egal ob bewusst oder unbewusst. Mach Platz für diese Enttäuschung und diese negativen Gefühle, die sich nun zeigen (wie du das anstellst, das beschreibe ich hier und hier ausführlich). Und doch bleibt es DEINE Enttäuschung, die auf deinen ERWARTUNGEN beruht, die DU vom Leben hattest - DU nicht er. Nimm dir also undramatisch den Raum, den du brauchst, ohne, dass du es als Vorwurf ihm gegenüber formulierst. Warum? Weil es einfach nicht fair wäre. Es ist nicht seine Aufgabe, deine Erwartungen zu erfüllen. Es ist jetzt an der Zeit, deinen Trauerprozess zu durchlaufen.

Ich kenne unzählige Fälle von tiefverwurzelten Partnerschaften, die GENAU SO EINE PHASE durchlebt haben wie hier beschrieben. Wo einer oder beide neue Partner (oder Liebschaften) hatten. Die sich für eine zeitlang losgelassen haben, aber stets wohlwollend dem anderen gegenüber geblieben sind. Wie viel Stärke und Reife muss ein Mensch besitzen, um das tun zu können? Ich ziehe meinen Hut vor all denjenigen - und dazu zählen nicht nur Klientinnen von mir, sondern auch eine meiner liebsten Freundinnen. Und diese liebste Freundin ist verlobt und erwartet ein Baby von genau diesem Mann :-) Ich bin jedes Mal zu Tränen gerührt, wenn ich höre, wie wertschätzend und respektvoll sie miteinander umgehen und voneinander sprechen - vor allem, wenn der andere nicht da ist. Am Wochenende haben wir uns zum Kaffee getroffen und da hat sie mir Folgendes gesagt:

Nadine, weißt du, es gab eine Zeit, da habe ich ihm Folgendes gesagt: "Sollte es da irgendwann eine andere Frau geben, dann wünsche ich dir von ganzem Herzen, dass du glücklich wirst, denn das ist, was ich für dich will. Auch, wenn das bedeutet, dass ich meine "Stellung" bei dir verliere und in gewisserweise dadurch einen Nachteil habe." Und mir ist es so verdammt schwer gefallen das zu sagen, aber ich habe es genau so gemeint.

(als kleine Info: Mit "Nachteil" ist der rege Kontakt, ihre Stellung als gute (nicht romantische!) Freundin und die Aufmerksamkeit von ihm gemeint. Zu dem Zeitpunkt waren sie nur noch Freunde und kein Liebespaar mehr. Sie hatte die Beziehung damals beendet, da er sehr unbemüht um sie war und sie sich damit nicht wohlfühlte. Sie ist dann in eine andere Stadt, sogar ein anderes Land gezogen, aber hat immer betont, dass sie im Kontakt bleiben will)

Und heute ernten die beiden ihre Früchte für diesen hochgradig respektvollen Umgang miteinander und das berührt mich sehr.

Die Geschichte ist hier aber noch nicht vorbei, ich möchte dir gerne noch mehr von unserem Gespräch erzählen. Wir haben über noch etwas anderes gesprochen, nämlich, dass diese Zeit, in der jeder in gewisserweise für sich selbst "ohne den anderen als Partner" war (obwohl sie immer freundschaftlich im Kontakt standen), fundamental wichtig war. Die Phase, in der sie sich also auf romantischer Ebene gegenseitig losgelassen haben, aber das starke Band der Freundschaft aufrecht erhalten haben.

Sie sagte weiter:

Ich war damals noch gar nicht so weit, das habe ich aber jetzt erst erkannt. Ich war mir meiner Verhaltensweisen gar nicht bewusst, die ein Miteinander auf Augenhöhe blockiert hatten. Er hat sich gar nicht als Mann gesehen gefühlt, da ich immer in die männliche Energie gegangen bin und alles kontrollieren wollte (und ihn damit blockiert habe). In diesen 5 Jahren habe ich so viel über mich und meine Verhaltensmuster gelernt, dazu habe auch ich mich selbst schätzen und lieben gelernt und erkannt, dass das die Basis von allem ist. All die Erfahrung, die wir jeweils ohne den anderen sammeln konnten - auch und vor allem mit anderen Menschen - hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind UND DAS IST GUT, das haben wir gebraucht. Dadurch begegnen wir uns auf einer völlig neuen Ebene. Das, was wir jetzt haben, in dieser Fülle, hätten wir vor 5 Jahren niemals erschaffen können. Und wir wussten zu keiner Zeit, dass wir als Paar wieder zusammenfinden werden, wir haben das auch einfach gar nicht forciert - wir sind einfach wahre Freunde geblieben all die Zeit und haben den anderen am Leben teilhaben lassen, ohne etwas einzufordern. Wir haben uns bereichert anstatt zu limitieren - und genauso führen wir das jetzt weiter. Wir kennen uns einfach in und auswendig mit all unseren Macken, wir haben einfach eine ganz besondere Basis, die es uns leicht macht, eine tiefe harmonische Partnerschaft zu führen. Und dadurch spüre ich eine so unglaubliche Sicherheit. Dieses Fundament haben wir also gewissermaßen in der Phase erschaffen, als wir in keiner romantischen Beziehung zueinander standen und jeder auch andere Geschlechtspartner hatte - und ich bin froh drum!

Ich kann mir vorstellen, dass diese Zeilen bei der ein oder anderen einen neuen Funken Hoffnung auslösen, ich möchte dir jedoch auch ganz klar sagen, dass das nur EINE Option von vielen ist (und dass die eine weder besser noch schlechter ist!). Bitte mache dir bewusst, dass besondere Verbindungen, auch wenn sie selten sind, mit unterschiedlichen Menschen möglich sind. Es wird dir nochmals widerfahren. Nur, weil du noch nie so eine Connection zu jemandem hattest, bedeutet das nicht, dass du nicht zu jemand anderem wieder eine besondere Connection haben wirst. Ich habe sogar Fälle gehabt, wo diese neue Connection NOCH VIEL TIEFER ging und die Frau sich das vorher niemals erträumt hätte. Bleib also offen für's Leben - jede Geschichte ist anders und deine ist es auch. Öffne dich für deine Story, denn sie wird nicht nur einzigartig, sondern auch aufregend und wunderbar, wenn du bereit bist, dich dafür zu öffnen und deine Lernaufgaben konsequent anzugehen. Alles kommt zu seiner Zeit, hab Vertrauen.

Fazit

Ich hoffe, die heutigen Zeilen relativieren die eventuell aufkommende Panik bei der Vorstellung, dass sich der Mann, den du toll findest, für eine andere Frau als seine Partnerin entscheidet. Selbst wenn es so ist: Fokussiere dich auf DICH und investiere in deinen Reifeprozess. Denn dein Ziel ist nicht er, sondern eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit einem Mann, mit dem du eine tiefverwurzelte Verbindung spürst. Versuche dich etwas rauszuzoomen und das große Ganze zu betrachten. Bleibe offen dafür, dass du noch nicht weißt, wer das sein wird, doch führe dir vor Augen, dass du dort nur hinkommst, wenn du die Arbeit an dir selbst nicht scheust. Bleibst du dran, wirst du so oder so gewinnen, du wirst die Früchte deiner harten Arbeit ernten. Lenke dich nicht ab mit langweiligem, oberflächlichem Bockmist, der nur innere Mangelzustände stillt, sondern bleib dran, die beste Version deinerselbst zu werden und zu wahrer emotionaler Reife zu gelangen. Auch, wenn dir nur selten ein Mann über den Weg läuft, der dir wirklich gut gefällt, vertraue darauf, dass das nicht der letzte wertvolle Mann war, dem du begegnen wirst oder dass ihr sogar, wenn die Zeit reif ist, wieder zueinander findet, wie es bei meiner lieben Freundin (und einigen meiner Klientinnen) der Fall war. Bleibe offen - öffne dich für die Möglichkeiten, die das Leben für dich bereithält und lass los, die Zukunft kontrollieren zu wollen. Je mehr du das Leben kontrollieren willst, desto mehr wird es dir entgleiten, deswegen fokussiere dich auf das, was du kontrollieren kannst: Deine Entscheidung, dir Wissen anzueignen und an dir zu arbeiten.

Abschließend möchte ich dir gerne noch einen kleinen Reminder mitgeben:

Sobald du ihn besitzen willst, hast du ihn schon verloren

Partnerschaft bedeutet nicht, jemanden zu besitzen, sondern sich bewusst für den anderen als Lebenspartner zu entscheiden. Eine gesunde Partnerschaft umfasst zwei Menschen, die weder klammern noch wegstoßen und stets bereit sind, sich immer mal wieder undramatisch loszulassen.


 

Deine psychologische Beraterin

Nadine Drexler


Beratung in Mann-Frau-Beziehungen:

Nadine Drexler

Bildungswissenschaftlerin & Psychologische Beraterin

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